Sonntag, 29. Januar 2012
Die Lehrer
Lehrerinnen und Lehrer sind Heilpraktiker mit meist sehr frequentierten Praxen. Eine gutdurchdachte Organisation sorgt dafür, dass sie ihre hauptberuflichen Verpflichtungen erfüllen können, aber an den Unterrichtstagen der Schule voll und ganz zur Verfügung stehen. Sie haben alle die schwierige Aufgabe zu erfüllen, riesige Stoffgebiete aufs Wesentliche zu komprimieren, ohne dabei Wichtiges durch übertriebene Vereinfachung zu vernachlässigen. Sämtliche Gebiete der Medizin sind ernüchternd trocken und verlangen eine enorme Gedächtnisleistung. Wer noch keine Voraussetzungen mitbringt, muss viel Geduld und Fleiß aufbringen, sich aberhunderte von anatomischen, physiologischen, chemischen und physikalischen Begriffen einzuprägen. Aber gerade die manuellen Therapien der Heilpraktiker, Chiropraktik, Akupunktur, Neuraltherapie und jede Form von Reflexzonenbehandlung setzen gründliche Kenntnisse der Anatomie voraus, da der Behandler sonst mit ihrer oft punktgenauen Topografie nicht zurecht kommt. Ebenso ist es mit der Krankheitskunde. Wer später die Pathologie verstehen will, muss erst die Physiologie der Normalität kennen. Auch wird der Anwärter nur dann seine Naturheilkunde schätzen lernen, wenn er auch das mechanistisch-materialistische Weltbild der Schulmedizin kennt. Eine weitere Aufgabe des Lehrers besteht darin, die speziellen Begabungen der Schüler zu erkennen und zu fördern. Es ist zwar wichtig, im Unterricht das ganze Spektrum der naturheilkundlichen Diagnose- und Therapieformen den Klassen nahezubringen, dennoch wird es in der Praxis dann so aussehen, dass sich je nach Begabung und Neigung Spezialisierungen herausbilden. Das kann ein Vorteil, aber auch ein Nachteil sein. Der Patient ist heute sehr werbungsabhängig. Er hat z.B. in einer der vielen medizinischen TV-Sendungen von der heilsamen Wirkung der Blutegelbehandlung gehört. Nun gibt es für ihn für seine sämtlichen Beschwerden von Vertigo bis Migräne nur mehr eine einzige Wunderwaffe, den Blutegel. Er telefoniert in der ganzen Stadt herum, bis er einen Heilpraktiker findet, der auf diese Methode spezialisiert ist. Den betreffenden Behandler überfordert natürlich dieser Erwartungsdruck, der Patient ist enttäuscht, wenn er von seinem chronischen Ekzem oder seinem Ohrensausen nicht in kürzester Zeit geheilt wird. Er hat für eine gute Heilmethode eben ungeeignete Krankheiten. Unabhängig von dieser Gefahr deprimierender Erfahrungen wird es dennoch so sein, dass viele Schüler schon im zweiten Schuljahr erkennen lassen, ob aus ihnen tüchtige Augendiagnostiker, Homöopathen, Kräuterkundler, Akupunkteure oder Chiropraktiker werden. Anderen merkt man an, dass ihre Begabung im Gespräch mit dem Patienten liegt, in einer angeborenen guten Menschenkenntnis, in der Kraft einer überzeugenden Argumentation. Es besteht dann über die Schulzeit hinaus auch noch die Möglichkeit einer Assistententätigkeit bei einem "alten Hasen". Dieser hat aus einer langen Erfahrung heraus seinen eigenen Stil entwickelt, wie er zur Diagnose, zum Rezept und der Empfehlung einer ergänzenden Behandlung kommt. Diese Intuition lässt sich nicht lehren, was aber der Meister dem Schüler beibringen kann, ist ein System der Untersuchung, ein Hinweis auf Wichtiges und Nebensächliches in der Krankengeschichte, eine Beurteilung der therapeutischen Möglichkeiten. Naturheilkunde ist Erfahrungswissen. Sie kann nur dann zum Nutzen der Kranken lebensfähig bleiben, wenn sie selbstlos, neidlos und ohne Geheimniskrämerei von Generation zu Generation weitergereicht wird.
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