Sonntag, 8. Januar 2012
Augendiagnose
Die Irisdiagnostik wurde am Ende des 19. Jahrhunderts von dem ungarischen Arzt Peczely begründet. Die zeitgenössische Ärzteschaft in Ungarn und Deutschland hat die Ergebnisse seiner Forschungen heftig bekämpft und als unwissenschaftlich abgetan. So ist es bis heute geblieben. Nur die deutschen Naturheilkundigen erkannten den Wert dieser Diagnoseform, setzten sie in die Praxis um und bauten sie immer mehr aus. - Im vorigen Jahrhundert gab es hierzulande zwei hochqualifizierte Heilpraktiker mit sehr großer Klientel, die sich sytematisch mit der Erforschung der ophthalmotropen Phänomene befassten: Josef Deck in Ettlingen und Josef Angerer in München, die auf dem reichen Erfahrungsschatz ihrer Vorgänger Felke und Schnabel aufbauen konnten. Deck war der Wissenschaftler, Angerer der Pragmatiker und Visionär. Deck beschränkte sich auf die Iris, Angerer bezog auch die Augenumgebung und die Anhangsgebilde des Auges in die diagnostische Auswertung mit ein. Deck bemühte sich immer, von dem erkrankten Organ außer dem Irisfoto auch ein Röntgenbild beizubringen, um seine Diagnose klinisch zu untermauern. Nur bei Deck findet sich die Unterteilung in drei Hauptkonstitutionen, die dann später von seinen Schülern in einleuchtender Weise zu Dispositionen und Diathesen erweitert und aufgefächert wurden. - Angerer setzte andere Schwerpunkte. Er veröffentlichte 1953 sein "Handbuch der Augendiagnostik", ein in Stil und Fülle des Stoffes äußerst schwieriges und anspruchsvolles Werk, eine unerschöpfliche Fundgrube für tausendfache diagnostische Hinweise aus winzigen Verfärbungen, Verformungen und Strukturveränderungen der Regenbogenhaut. Das Auge spiegelt für Angerer den ganzen Menschen mit all seinen Belastungen und Lastern, auch den Spuren einer gesunden oder entarteten Lebensweise der Vorfahren. Was Angerer neben den Stromaveränderungen und Verfärbungen der Iris bis in die kleinsten Einzelheiten beschrieb, ausdeutete und auswertete, sind die verschiedenartigen Entformungen der Pupille und ihre Hinweise auf körperliche Fehlstellungen bis hin zu Neurosen und Psychosen. - Angerers humanistische Bildung, sein profundes medizinisches Wissen und seine Philosophie, die Sättigung seiner Bücher, Vorträge und Fachartikel mit barocken Wortschöpfungen machten ihn als Autor und Lehrer schwerverständlich. Es war dann erst sein Schülerkreis unter Josef Karl, der Angerers ungeheures Lebenswerk mund- und lehrgerecht "übersetzte". Josef Karl kommt auch das große Verdienst zu, die beiden Sichtweisen der Irisdiagnostik, die Angerer- und Deckschule miteinander verschmolzen zu haben. Nun stellt sich heraus, dass diese zeitgemäße Augendiagnose ein großes, geschlossenes Ganzes, ein gutfundiertes, wohlproportioniertes und zukunftssicheres Lehrgebäude darstellt.
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