Sonntag, 29. Januar 2012
Die Ausbildung
Die Fachschulen sind das Herzstück des Heilpraktikerberufes. Ihre Qualität ist der Garant für die Rechtfertigung und das Fortbestehen eines Berufsstandes, der eine ärztliche Tätigkeit ohne Medizinstudium und ohne ärztliche Bestallung ausübt. Nach Möglichkeit unterhält jeder Landesverband eine Berufsfachschule für Naturheilweisen mit zwei- bis dreijähriger Studiendauer. Das Ziel ist vorgegeben: Der Schüler sollte nach dieser Ausbildung in der Lage sein, eine eigene Praxis zu eröffnen und vom ersten Tag ab Patienten zu behandeln. Vorher hat er jedoch noch eine unter Umständen sehr schwere Hürde zu überwinden, die amtsärztliche Überprüfung. Die Schule muss daher dem Anwärter ein gutfundiertes Wissen der Schulmedizin und eine gründliche Kenntnis der Gesetze, Pflichten und Einschränkungen seines künftigen Berufes vermitteln, bevor er zum wichtigsten Teil seiner Ausbildung, den naturheilkundlichen Disziplinen, kommt. - Mir persönlich ist die Münchner Schule, die jetzige Josef-Angererschule, bekannt, an der ich meine Ausbildung absolvierte. Sie gilt vermutlich, mit regionalen Unterschieden, als Beispiel für ganz Deutschland. Unsere Klasse bestand damals aus einer Reihe Angehöriger medizinischer Hilfsberufe, Physiotherapeuten, MTA, Masseuren, dann auch Medizinstudenten, die auf die Naturheilkunde umsattelten, Söhne und Töchter von Heilpraktikern, Reformhausinhaber, aber auch völlig Berufsfremde. Man bleibt drei Jahre lang in dieser Klassengemeinschaft, das fördert sehr bald schon persönlichen Kontakt, gemeinsames Lernen und Erarbeiten von manuellen Techniken. Medizinstudenten, Krankenschwestern, Physiotherapeuten, Masseure, Anhänger einer gesunden Ernährung und Schüler aus Heilpraktikerfamilien ergänzen sich gut und können sich gegenseitig helfen. Studenten und Heilberufe haben in den anatomisch-physiologischen Fächern einen Vorsprung, Physiotherapeuten und Masseure bringen darüber hinaus Kenntnisse der manuellen Techniken mit, die ihnen das Erlernen der heilpraktikerspezifischen Methoden erleichtern, Söhne und Töchter von Heilpraktikern besitzen meist schon fundierte Kenntnisse der Augendiagnose, der Heilpflanzenkunde und der Homöopathie. - Die Berufsfachschule hat die große Aufgabe zu bewältigen, den staatlichen Bestimmungen zu genügen, indem sie den Schülern die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der Schulmedizin vermittelt. Die weitaus größere Aufgabe ist aber, ihnen die geistigen Grundlagen und die praktischen Fähigkeiten ihres künftigen Berufes zu lehren. Dies geschieht in einem sehr klaren, übersichtlichen Aufbau des Lehrplanes. Das erste Jahr gehört der medizinischen Wissenschaft, bringt aber schon eine Einführung in die Lehre und Methodik der traditionellen Naturheilkunde. Im zweiten Jahr erlernt der Schüler das Handwerk seines künftigen Berufes, die Diagnosemöglichkeiten, manuellen Behandlungsformen und das wichtige Kapitel der Ausleitungsverfahren. Das dritte Jahr widmet sich bevorzugt der Heilmittelkunde. Hier wird auch schon praktisch am Patienten gearbeitet. Die Fachschule unterhält ein Ambulatorium, in dem unter Anleitung von Lehrern Kranke klinisch und irisdiagnostisch untersucht und therapeutisch beraten werden. - Ein wichtiger Aspekt des Unterrichts ist die Vorbereitung auf die Amtsarztprüfung, bei der neben Anatomie, Physiologie und allgemeiner Pathologie vor allem gründliche Kenntnisse aller Infektionskrankheiten, der Hygienevorschriften und der Gesetzeskunde vorausgesetzt werden. Ihren aktuellen Wissensstand müssen die Schüler durch regelmäßige Klausuren und mündliche Prüfungen beweisen. - Ein Heilpraktiker ist lebenslang ein Lernender. Für die Schwerpunkte, die er diagnostisch und therapeutisch in seiner Praxis setzt, gibt es Arbeitskreise, die sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch und zur Weiterbildung treffen. Außerdem gehört jedes Mitglied des Fachverbandes einem Bezirk mit Sitz in der nächstgelegenen größeren Stadt an, der regelmäßige Wochenendkurse veranstaltet. Wer seine knappe Freizeit lieber zu Hause im Kreis der Familie zur Regeneration von den Strapazen der Woche verbringt, dem bleiben als Alternativen die hervorragende Zeitschrift "Naturheilpraxis" und eine Fülle von Fachbüchern. Einzelhomöopathen, Komplexhomöopathen, Phytotherapeuten und Spagyriker sollten sich tunlichst der eisernen Disziplin unterziehen, täglich die Arzneimittelbilder, bzw. die Zusammensetzung der Komplexmittel oder Spagyrika zu memorieren und sich über Neuentwicklungen auf dem laufenden zu halten. Auch sollte der Heilpraktiker seine Patienten, nachdem sie seine Praxisräume verlassen haben, in Gedanken weiterbegleiten, um für ihre Beschwerden aus vielen passenden Möglichkeiten ein optimales Rezept zu finden.
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