Sonntag, 5. Februar 2012

Der Kontakt mit dem Patienten

Es ist zwar möglich, nach einem gestochen scharfen, großformatigen und farbgetreuen Foto beider Augen eine sehr umfassende Krankheitsanalyse des Patienten zu erstellen. Doch in der Praxis ist diese Beschränkung auf die Augen unnötig. Wenn der Heilpraktiker in Menschenkenntnis geschult ist, sagen ihm Aussehen und Auftreten des Kranken schon sehr viel über dessen Morbidität. Körperhaltung, Gesichtsfarbe, Händedruck, die Art des Platznehmens, bei Damen außerdem noch die Art des Make-up und das allgemeine Outfit drücken eine Menge Charakteristika aus, die Rückschlüsse erlauben. Manche Kollegen lassen nun vor dem Gespräch den Patienten erst am Irismikroskop Platz nehmen und sehen sich gründlich die Augen an. Das kann man so machen, es muss aber nicht sein. Die andere Möglichkeit, zuerst den Patienten nach seinen Beschwerden zu fragen und dann erst zu mikroskopieren, ist sogar der bessere Zugang zu seinem Vertrauen. Die Kunst der Gesprächsführung besteht darin, den Redefluss des Patienten zu bremsen und durch gezielte Fragen das Wesentliche zu erfahren. Das trifft in besonderem Maß für den Einzelhomöopathen zu, der bei einer gutfrequentierten Praxis einige mögliche Simile sehr schnell in seinem Gedächtnis abrufen muss, um dann aus ihnen per Blick ins Repertorium das passendste Mittel zu finden. - Der Behandler ist dem Patienten gegenüber immer die Autorität, nicht der Knecht, auch wenn er dem Kranken mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld widmet, als es ihm dieser durch sein Honorar aufwiegen kann. Zum Knecht macht er sich dann, wenn er telefonisch immer und zu jeder Tageszeit für eine Gratiskonsultation zur Verfügung steht. Kommt der Patient regelmäßig in die Sprechstunde und hört aufmerksam zu, was ihm sein Heilpraktiker sagt, sollte es nicht nötig sein, telefonisch nachzufragen. Er ist hinlänglich darüber informiert, wie seine Arzneien einzunehmen sind, welche Indikation sie haben und was bei akuten Erkrankungen in häufigeren Dosen angezeigt ist. In dramatischen, lebensbedrohlichen Zuständen ist ohnehin der Notarzt gefragt. Wir Heilpraktiker wären hier fehl am Platz, denn wir haben weder die gesetzliche Möglichkeit, Antibiotika, Corticoide oder starkwirkende Spasmolytika einzusetzen, noch die offizielle Berechtigung, Kranke in eine Klinik einzuweisen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen