Sonntag, 26. Februar 2012
Die Schröpfmassage
Die Klientel eines Heilpraktikers hat meist einen hohen Anteil an Schmerzpatienten, die mit den unterschiedlichsten Myalgien, Neuralgien und Arthralgien zu ihm kommen. Bei plötzlich auftretenden starken Schmerzen durch Entzündung, berufliche Überanstrengung oder sportliche Überforderung suchen diese Kranken wohl in erster Linie Hilfe beim Hausarzt, der ihnen ein schnellwirkendes Analgetikum spritzt, oder beim Orthopäden, der sie chiropraktisch einrenkt und ihnen dann Schmerzmittel verordnet. Der Heilpraktiker hat es bei seinen Patienten vorwiegend mit chronischen Schmerzzuständen zu tun. Ich habe in solchen Fällen gute Erfahrungen mit der Schröpfmassage gemacht, die mit Hilfe eines kleinen Saugkopfes von etwa zwei cm. Durchmesser durchgeführt wird. Der Griff des Saugkopfes ist durch einen Plastikschlauch mit einem Elektromotor verbunden, der eine Vakuumleistung von mindestens - 400 mm Hg erbringt. Diese Methode wird in dem Buch von Hans Zöbelein "Die petechiale Saugmassage" instruktiv beschrieben. - Trockenes Schröpfen, blutiges Schröpfen und die Schröpfmassage haben jeweils spezifische Indikationen. Wer mit dieser Methode arbeitet, wird sich für eine der drei Möglichkeiten entscheiden. Der Sinn des Trockenschröpfens ist die Erzeugung von Hämatomen, die Ableitung von entzündlichen oder ödematösen Krankheitsprozessen aus tieferliegenden Geweben in den venösen oder Lymphkreislauf. Für die Schröpfmassage ist der Rücken die bevorzugte Angriffsfläche, denn von hier aus wird die Wirbelsäule, der Schulter- und Beckengürtel erfasst. Man kombiniert bei dieser Sonderform des Schröpfbehandlung auf effektive Weise die klassische Bindegewebsmassage mit einer sehr kräftigen Durchblutungsförderung der Muskulatur und der wichtigen Provozierung von Petechien. Bei stark verschlacktem Gewebe zeigt sich nach der Schröpfung ein für manche Patienten und ihre Angehörigen beängstigender Anblick: blutrote bis blaurote Striemen wie nach einer Auspeitschung. Auch die Behandlung selbst kann für die Patienten die ersten Male unangenehm sein. Kristallartige Ablagerungen im Unterhautgewebe können bis zu ihrer Auflösung einen kurzzeitigen, schneidenden Schmerz hervorrufen. Doch sowohl die intensive Verfärbung wie auch der Schmerz lassen von Behandlung zu Behandlung nach, meist stellt sich sogar schon bald ein Wohlgefühl der Erleichterung als Zeichen einer tiefgreifenden Entgiftung und Entlastung ein. Sehr wichtig ist die nachfolgende Behandlung der geschröpften Fläche mit einem elektrischen Massagegerät, um die Hämatome möglichst schnell wieder aufzulösen. Ein eigenartiges Phänomen dieser Massageart besteht darin, dass bestimmte Hautareale des Rückens ausgeprägter mit Petechienbildung reagieren als andere. Diese Erscheinung zeigt gesundheitliche Störungen der Eingeweideorgane an, deren Head`sche Zonen derart heftig reagieren. Es können also diagnostische Rückschlüsse und therapeutische Hinweise daraus abgeleitet werden. Optimal wird diese Schröpfmassage beendet durch die Einreibung biologischer Rheuma - oder biochemischer Salben. Leider hat eine fragwürdige Gesundheitspolitik die Heilpraktiker einer Vielzahl bewährter pflanzlicher und homöopathischer Einreibungen und Injektionspräparate beraubt; umso kostbarer sind die wenigen, die ihre Hersteller vor dem Kahlschlag retten konnten.
Die Reflexzonen
Darunter versteht man die eigenartige Tatsache, dass sich in verschiedenen Regionen der Körperoberfläche die inneren Organe spiegeln und von hier aus behandelbar sind. Soweit es sich um die Head`schen Zonen handelt, passen diese Gedankengänge auch in das schulmedizinische Bild. Es sind begrenzte Hautareale, die über ein bestimmtes Rückenmarkssegment durch eine Koppelung des animalen und vegetativen Nervensystems mit inneren Organen verbunden sind. In diesen Hautzonen befinden sich schmerzhafte Punkte, deren Stimulierung oder Sedierung einen therapeutischen Effekt auf das erkrankte innere Organ ausübt. In der Naturheilkunde bedienen wir uns bei der Schröpfmassage und bei der Behandlung von Schmerzpunkten durch Massage oder Injektionen dieser Head`schen Zonen. Doch mit der Einbeziehung weiterer Reflexzonen verlassen wir den schulmedizinisch nachvollziehbaren Weg, nämlich mit den Reflexzonen der Füße, Hände, Ohren und des Schädels. Auch die Iriden der Augen sind Reflexzonen. Könnte man sich auf primitive Weise eine nervale Verbindung zwischen den Organfeldern der Iris und den zugehörigen Organen vorstellen, müssten ungeheuer viele Informationen über diese Nervenleitungen fließen und sich dann farblich, strukturell und in pathologisch deutbarer Form auskristallisieren. Noch deutlicher wird diese Unerklärlichkeit bei den Fußreflexzonen. Durch die Überkreuzung der Nervenleitungen im Gehirn fänden sich die Organe der rechten Körperhälfte im linken Fuß, die der linken Körperhälfte im rechten Fuß abgebildet. Das Gegenteil ist aber der Fall. Das naturwissenschaftlich-schulmedizinische Denken findet keinen anatomischen Zugang zu diesen Spiegelungen des Verborgenen ins Sichtbar-Greifbare.. Dennoch beweist die Erfahrung, dass über die Nadelung der Ohrakupunkturpunkte, durch eine spezielle Massagetechnik der Fuß-, Hand-, Nasen- und Kopfzonen des kranken Körpers Linderung und Heilung geschieht. Diese Erfahrungstatsachen stellen nicht die "Außenseitermethoden", sondern das Menschenbild der Naturwissenschaft in Frage. Es ist durchaus möglich, dass der physische Leib, mit dem die offizielle Medizin ausschließlich arbeitet, nicht den ganzen Menschen umfasst. Es kann sein, dass der Seelenleib, der von den Naturwissenschaften ins Reich der Religion abgeschoben wird und der in der Medizin nur als Funktion des physischen Leibes eine Rolle spielt, eigenen Gesetzen gehorcht. Es kann sein, dass er seine eigene Anatomie, Physiologie und Pathologie besitzt, deren Strukturen sich den bis jetzt bekannten Maßstäben entziehen.
Sonntag, 19. Februar 2012
Die dyskratische Diathese
Obwohl der Betrachter geneigt ist, diese Diathese der Mischkonstitution zuzurechnen, zählt sie dennoch zur lymphatischen Konstitution. Sie weist eine sehr starke, dysharmonische Pigmentierung auf, doch besitzt das Braun keinen dominanten Anteil, auch fehlt die ausgeprägte Spasmophilie. Bei der Bewertung dieser Diathese ist vor allem die exakte Differenzierung der Pigmente und ihr Vorkommen in den einzelnen Organfeldern wichtig. Generell kann man sagen, dass diese Diathese zu Leber - Galleerkrankungen, Diabetes, Arthritis, Arthrose und Weichteilrheuma tendiert. Ein sehr ausgeweitetes Darmfeld sollte an ernsthafte Darmerkrankungen, die allgemeinen Zeichen einer fortgeschrittenen Säfte- und Gewebsverschmutzung an erhöhte Gefahr der Malignität denken lassen. Der Heilpraktiker hat es in seiner Praxis hauptsächlich mit dieser Präcancerose zu tun. Er tut gut daran, wenn er seinen Verdacht von einem Arzt bestätigen oder als unbegründet widerlegen läßt. Wird eindeutig Krebs diagnostiziert, ist der Patient dem Heilpraktiker automatisch entzogen und wird von der Klinik einem festgelegten Plan in dieser oder modifizierter Reihenfolge unterworfen: Operation, Chemotherapie, Bestrahlung. Kein Krebskranker entgeht heute diesem Ritual. Versucht er es und meldet seine Bedenken gegen Chemotherapie oder die Bestrahlungen an, droht ihm die Gefahr der Ausgrenzung und der Verlust der ärztlichen Zuwendung. Trotzdem ist jeder Kranke ein freier Mensch. Es gibt immer wieder aus guten Gründen Operationsverweigerer, Ablehner von radiologischer Behandlung, Gegner der Chemotherapie. Wie verhält sich ein Heilpraktiker, wenn ihn ein Krebskranker ersucht, seine naturheilkundliche Behandlung zu übernehmen? Er muss sich vor allem darüber klar sein, dass er überzogene Erwartungen nicht erfüllen kann, dass es im Todesfall gerade die Angehörigen sind, die gnadenlos einen Schuldigen vor den Kadi zerren wollen, dass er sich selbst und seinen Berufsstand in Misskredit bringt, wenn er es unternimmt, gegen das geheiligte "lege artis" der Schulmedizin zu verstoßen. Wagt er es trotzdem im berechtigten Vertrauen auf die Wirksamkeit seiner Heilmittel, sollte er sich des unbedingten Einverständnisses der Angehörigen und der Mithilfe des Hausarztes sicher sein. Vor allem darf er sich nie dem Verdacht aussetzen, den Kranken mit fragwürdigen, überteuerten Laboruntersuchungen, Medikamenten und Behandlungsmethoden nur abzuzocken.
Die Mischkonstitution
Bei dieser am häufigsten anzutreffenden Konstitution ist das Basisblatt der Iris blaugrau, das Kryptenblatt mehr oder weniger braun. Man könnte überspitzt sagen, es handelt sich um eine lymphatische Iris, deren reine Bläue mehr oder weniger durch vorwiegend braune, aber auch gelbe und orange Einlagerungen verschmutzt wird. Die Magen-Darm-Zone ist immer braun, diese Verfärbung zieht sich aber oft noch in andere Organzonen hinein. Typisch sind auch die vermehrten zirkulären Kontraktionsfurchen am äußeren Irisrand. Braun weist auf Störungen im Leber-Galle-System hin, je dunkler das Braun bis zu einem scharf umgrenzten Schwarzbraun, desto größer ist die Gefahr einer krebsigen Entartung. Ein helles Gelb im Nierensektor ist bei Niereninsuffizienz zu finden, die Farbe Orange weist auf die Bauchspeicheldrüse hin. Doch keiner dieser Hinweise reicht für die eindeutige Diagnose Leberzirrhose, Nephrose oder Diabetes aus, dazu bedarf es auch eines Blut-, Röntgen- oder sonografischen Befundes, also Untersuchungsmethoden, die nicht in unser Ressort fallen. Doch außergewöhnlich wichtig für den Heilpraktiker ist das Erkennen von Gefährdungen. Hier setzt seine Arbeit an, hier muss er bei diesen Hinweisen therapeutisch handeln. Leberzeichen verlangen Lebermittel, Nierenzeichen Nierenmittel, Pankreaszeichen fordern zu regelmäßigen Blutzuckerkontrollen auf. - Die Entzündungsbereitschaft der lymphatischen Konstitution findet sich auch in der Mischkonstitution, hier ist sie aber im Magen-Darmbereich mit einer Fermentschwäche und einer vermehrten intestinalen Immundefizienz verschwistert. Dagegen steuert die hämatogene Komponente eine erhöhte Krampfbereitschaft und die Neigung zu spastischen Durchblutungsstörungen bei. - Mehr noch als bei der lymphatischen und hämatogenen Konstitution zeigen sich in dieser Iris die Spiegelungen der Krankheiten und Schwächen der Vorfahren. Das relativiert den aktuellen Schweregrad der diagnostischen Hinweise und lenkt den Blick wieder einmal verstärkt auf die Bedeutung der Lebensweise und die optimale therapeutische Führung.
Die hämangiotische Disposition
Eine interessante Untergruppe der hämatogenen Konstitution ist die Veranlagung zu Gefäßerkrankungen. Es finden sich hier alle Merkmale der Braunäugigen, die Vernachlässigung der Ernährungskontrolle, die Neigung zu einem großzügigen Umgang mit Genussmitteln wie Alkohol, Nikotin und Koffein. Auch hier kann diese Lebensweise lange Zeit ohne sichtbare Folgen bleiben. Die Träger dieser Disposition kommen ihren beruflichen Verpflichtungen pünktlich nach, auch in der Gesellschaft wirken sie unauffällig, nehmen Anteil am politischen Leben, diskutieren weitschweifig über Alltagsfragen und drängen sich in Vereinen gerne als Vorsitzende auf. Doch unterschwellig richten vor allem die Gefäß- und Nervengifte Alkohol und Nikotin einen Langzeitschaden an. - Dieser Typus neigt zu Herz- und Bronchialbeschwerden, die sich in Form von Asthma, Angina pectoris und Hypertonie äußern. Kommt noch eine sehr fettreiche Ernährung hinzu, zeigt sich im Auge der berüchtigte "arcus senilis", der sich bis zum Cholesterinring ausbilden kann. Diese Patienten quälen auch nicht nur Raucherhusten und Dauerverschleimung, sondern schwere Attacken von Atemnot. Die Herzsymptome eskalieren zu bedrohlichen Zuständen von Stenocardie und Rhythmusstörungen. - Joachim Broy, der Autor der "Konstitution", hat diese hämangiotische Dispositon sowohl beim leptosomen Sanguiniker wie auch beim pyknischen Choleriker gefunden. Im ersten Fall zeigt dessen Auge einen lebhaften Bewegungstyp mit raschem Stoffwechsel und Tendenz zu Muskelrheuma, im zweiten Fall einen Typus, der zu frühzeitiger Arteriosklerose und Apoplexie neigt. - Im Hinblick auf den Blutdruck und die Cholesterinwerte geht die Schulmedizin seit einigen Jahrzehnten sehr eigenwillige Wege. Die Messwerte können den Ärzten gar nicht niedrig genug sein. Es ist heute tatsächlich so, dass ein systolischer Blutdruck ab 120 und ein Cholesterinwert ab 200 schon als pathologisch gelten und trotz der sonstigen Verordnungssparsamkeit massiv medikamentös herabgedrückt werden. Dazu kommt noch die Aufdringlichkeit der Blutdruckmessungen. Jede Apotheke bietet sie heute als kostenlosen Service oder als kleinen Zuverdienst an. Sie liefern ebenso wie die meist hastigen, nebensächlichen und ohne vorherige Ruhephase durchgeführten Messungen in der Arztpraxis falsche, meist überhöhte Werte. Daher verwundert es nicht, dass zu uns Heilpraktikern sehr häufig Senioren mit einer Reihe hypotoner Störungen wie Schwindel, Tagesmüdigkeit und Antriebsschwäche kommen, die starke Blutdrucksenker und Entwässerer einnehmen, obwohl ihr ursprünglicher Blutdruckwert von 150 keineswegs beängstigend wäre.
Sonntag, 12. Februar 2012
Die hämatogene Konstitution
Während das blaue Auge sehr viele farbliche und strukturelle Besonderheiten in Form von Pigmentierungen und Stromaveränderungen aufweist, ist das braune Auge auf den ersten Blick nicht sehr aussagekräftig. Der Diagnostiker findet nur auffällige dunkle Verfärbungen, ringförmige Furchen und einen kräftigen Saum um die Pupillen. Zur Auswertung dieser geringen Hinweise führt ihn aber eine sehr klarumrissene Charakteristik des Braunäugigen. Seine Krankheiten gehen vom Blut und den Stoffwechselorganen aus, vor allem, wenn es ihm an lebensnotwendigen Mineralien und Spurenelementen mangelt und er seiner Leber, dem Magen-Darm, der Bauchspeicheldrüse und den Nieren zu viel zumutet. Seine Krankheiten verlaufen lange Zeit unauffällig, es kann aber im Verborgenen zu Degenerationen kommen. Erkältungen steckt der Hämatogene leicht weg, er fiebert selten. Doch diese Reaktionsträgheit birgt die Gefahr der Verschleppung. Wenn ihn sein Körper gelegentlich zur Vernunft mahnt, ist es durch seine Tendenz zu Verkrampfungen, zu Stein- und Blähungskoliken, zu Muskelkrämpfen bei Vernachlässigung der Venen und des Mineralhaushaltes. Geringe farbliche und strukturelle Veränderungen im Herzsektor sind hier höher zu bewerten als bei den Lymphatikern. Besonders bei alten Patienten sind es Zeichen ernsthafter Herz-Kreislauf-Insuffizienzen. - Der Hämatogene bedeutet für den Heilpraktiker eine besondere Herausforderung. Ihm ist nur dann zu helfen, wenn ihm auch zu raten ist. Er müsste unbedingt seinen Fleisch- und Wurstkonsum zugunsten eines höheren vegetabilen Anteils einschränken, Herz und Kreislauf sollten schon in jungen Jahren beachtet und unterstützt werden. Ich habe prinzipiell Lymphatikern, aber auch den scheinbar widerstandsfähigeren Hämatogenen in der kalten Jahreszeit zur täglichen Einnahme von vorbeugenden Grippemitteln geraten. Mehr als bei allen anderen Patienten sollte bei dieser ziemlich sorglosen Gruppe darauf geachtet werden, dass sie sich von ihren Hausärzten regelmäßig Blut, Herz und Eingeweide untersuchen lassen, damit sie auch von dieser Seite auf evtl. Mangelzustände, Herzerkrankungen und Steinleiden hingewiesen werden. Therapeutisch kann der Heilpraktiker diese Patienten mit Konstitutionsmitteln, einer Verbesserung der Leber- und Nierenleistung, der reichen Skala pflanzlicher Herzmittel und mit Mineralien je nach Blutbild wirksam unterstützen.
Die neurogene Disposition
Während sich eine Reihe von Untergruppen der lymphatischen Konstitution auf die Insuffizienz des Lymphsystems und die hier besonders anfälligen Organe Nieren, Lunge und Magen-Darm erstreckt, umfasst die neurogene Iris vor allem das Nervensystem. Hier weisen schon das oberflächliche Bild, der zarte Blauton und die zierliche Stromazeichnung auf einen sensiblen Menschen hin. Bei dieser Disposition finden sich alle nervlichen Aspekte körperlicher Erkrankungen, der erhöhte Verbrauch von Nervenenergie und die frühe Erschöpfungsphase aller Regulationssysteme. Schwierigkeiten, die nervlich Stabile leicht in den Griff bekommen, sind für Neurogen-Lymphatiker fast unüberwindlich. Die Schulmedizin reiht sie in das Fachgebiet "Psychosomatik" ein, ohne allerdings eine schlüssige Definition von Psyche zu liefern. Der Gesunde hält sie für Simulanten oder für "hysterisch". Beides stimmt nicht. Sie leiden selbst am meisten an ihrem zwanghaften Abtauchen in eine oft sehr ausgeprägte Krankheit, sobald eine unangenehme Pflicht an sie herantritt. Wenn sie am Burn-out-Syndrom erkranken, ist es bei ihnen tatsächlich eine schwere körperliche Erschöpfung, die von einer Arbeitsüberhäufung in einer verständnislosen, abweisenden Umgebung herrührt. Ihre Depressionen sind die Folgen der Diskrepanz zwischen den eigenen überzogenen Ansprüchen und dem erreichten, oft kläglichen Ergebnis, das zudem von Kollegen und Vorgesetzten noch ironisch verhöhnt wird. Häufig leiden sie an Einschlafstörungen, durch die sie sich immer intensiver in ihr berufliches und privates Elend hineinsteigern. Um aus diesem Teufelskreis herauszukommen, brauchen sie einen Menschen, der sich in ihre Lage versetzen kann, ihren Charakter und ihre Stärken erfasst und ihnen Mut macht. Sie sind beim Heilpraktiker gut aufgehoben, denn er nimmt sie ernst und kann ihnen helfen. Sie kosten ihn oft viel Geduld, denn sie schildern ihre Beschwerden gern exzessiv ausführlich. Doch das Zuhören gehört zur Therapie. Es darf nur nicht beim Jammern bleiben, der Behandler muss für sie ein Programm erstellen, das sie nicht überfordert und ihnen berechtigte Hoffnung auf Heilung gibt. Sie brauchen vor allem aufbauende Arzneien. Mir persönlich haben sich in meiner Praxis phytotherapeutische und komplexhomöopathische Antidepressiva und Schlafmittel, zur Nervenkräftigung die Schüsslersalze, vor allem als Komplexe, sehr bewährt. Wichtig ist auch eine regelmäßige manuelle Behandlung. Ich habe diesen Patienten gerne die Reflexzonenmassage der Füße oder eine Schröpfmassage des Rückens vorgeschlagen. Das sind keineswegs palliative Streicheleinheiten, sondern erfassen reinigend und stärkend alle inneren Organe, außerdem harmonisieren sie das Nervensystem. Wichtig ist allerdings, dass der Patient nicht schon an chemische Schlafmittel oder an den langzeitigen Gebrauch chemischer Antidepressiva gewöhnt ist.
Die lymphatische Konstitution
"Blauäugig" ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein Synonym für "gutgläubig, naiv, unrealistisch". Menschen mit blauen Augen gelten als treu, romantisch, doch nicht sehr kraftvoll und ausdauernd. Die Irisdiagnostik hält nicht viel von dieser oberflächlichen Spruchweisheit, sondern stützt sich auf einen reichen Erfahrungsschatz mit verwertbarer Aussagekraft. Das blaugraue Auge als Ausdruck der lymphatischen Konstitution kennzeichnet einen Typus mit großer Anfälligkeit für entzündliche, rheumatische und nervliche Erkrankungen.Trotzdem können Vertreter dieses Typs lebenslang leistungsfähig sein, wenn sie ein gesundes Leben führen. Die Entzündungsbereitschaft betrifft sämtliche Schleimhäute von den Stirnhöhlen bis zu Darm und Blase. Das Kind, das diesem Typ angehört, neigt zu häufigem Schnupfen, Rachenkatarrh, Otitis und empfindlichen Bronchien. Die Feinde dieses Kindes sind Unterkühlung, körperlich-geistige Überforderung und vitaminarme Ernährung. Die Schulmedizin schwört allgemein auf möglichst frühzeitige und häufige Impfungen. Ich habe in der Praxis immer wieder festgestellt, dass gerade lymphatische Kinder darauf unangemessen heftig reagieren und dass bei ihnen die Gefahr einer Impfschädigung besteht. Sie sind von häufig aufflackernden Mandelentzündungen geplagt, die von den Kinderärzten meist mit langfristigen Antibiotikagaben behandelt werden. Sind sie dadurch nicht in den Griff zu bekommen, rät der HNO-Arzt zur Mandeloperation. Der Heilpraktiker könnte hier im Anfangs- und mittleren Stadium durch eine Reihe bewährter Mittel eine bessere Alternative bieten. Bestehen die Mandeln aber nur mehr aus eitrigen Lakunen, kommt auch seine Hilfe zu spät. Wird er rechtzeitig konsultiert, besteht seine wichtigste Aufgabe in der Verbesserung der Konstitution und Steigerung der Abwehrkraft. Dafür hat die Naturheilkunde wirksame und tiefgreifende Möglichkeiten. Unterbleibt diese Regulierung, kann sich aus dem anfälligen Kind ein chronisch kranker Erwachsener entwickeln, der ständig an seiner Verschleimung, seinem überempfindlichen Magen-Darmtrakt, an Blasenentzündungen und Gelenkbeschwerden herumkuriert. Der Lymphatiker ist derjenige Typ, der ohne therapeutische Hilfe mit widrigen Umwelteinflüssen nicht zurechtkommt. Er leidet mehr als der robuste Braunäugige unter feuchtkalter Witterung, plötzlichem Wetterwechsel oder unter Zugluft. Selbst der kranke Mitmensch wird für ihn zu einer stärkeren Bedrohung als für den widerstandsfähigen Nachbarn. Hält er sich in der Grippezeit in einem Kaufhaus, im Omnibus oder im Wartezimmer seines Arztes in der Nähe ständig Hustender oder Niesender auf, fängt er sich schnell eine langwierige Influenza ein. Auch die heroische Abhärtung, die ihm wohlwollende Ratgeber einreden, erreicht bei ihm das Gegenteil, eine noch größere Empfindlichkeit.
Sonntag, 5. Februar 2012
Der Kontakt mit dem Patienten
Es ist zwar möglich, nach einem gestochen scharfen, großformatigen und farbgetreuen Foto beider Augen eine sehr umfassende Krankheitsanalyse des Patienten zu erstellen. Doch in der Praxis ist diese Beschränkung auf die Augen unnötig. Wenn der Heilpraktiker in Menschenkenntnis geschult ist, sagen ihm Aussehen und Auftreten des Kranken schon sehr viel über dessen Morbidität. Körperhaltung, Gesichtsfarbe, Händedruck, die Art des Platznehmens, bei Damen außerdem noch die Art des Make-up und das allgemeine Outfit drücken eine Menge Charakteristika aus, die Rückschlüsse erlauben. Manche Kollegen lassen nun vor dem Gespräch den Patienten erst am Irismikroskop Platz nehmen und sehen sich gründlich die Augen an. Das kann man so machen, es muss aber nicht sein. Die andere Möglichkeit, zuerst den Patienten nach seinen Beschwerden zu fragen und dann erst zu mikroskopieren, ist sogar der bessere Zugang zu seinem Vertrauen. Die Kunst der Gesprächsführung besteht darin, den Redefluss des Patienten zu bremsen und durch gezielte Fragen das Wesentliche zu erfahren. Das trifft in besonderem Maß für den Einzelhomöopathen zu, der bei einer gutfrequentierten Praxis einige mögliche Simile sehr schnell in seinem Gedächtnis abrufen muss, um dann aus ihnen per Blick ins Repertorium das passendste Mittel zu finden. - Der Behandler ist dem Patienten gegenüber immer die Autorität, nicht der Knecht, auch wenn er dem Kranken mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld widmet, als es ihm dieser durch sein Honorar aufwiegen kann. Zum Knecht macht er sich dann, wenn er telefonisch immer und zu jeder Tageszeit für eine Gratiskonsultation zur Verfügung steht. Kommt der Patient regelmäßig in die Sprechstunde und hört aufmerksam zu, was ihm sein Heilpraktiker sagt, sollte es nicht nötig sein, telefonisch nachzufragen. Er ist hinlänglich darüber informiert, wie seine Arzneien einzunehmen sind, welche Indikation sie haben und was bei akuten Erkrankungen in häufigeren Dosen angezeigt ist. In dramatischen, lebensbedrohlichen Zuständen ist ohnehin der Notarzt gefragt. Wir Heilpraktiker wären hier fehl am Platz, denn wir haben weder die gesetzliche Möglichkeit, Antibiotika, Corticoide oder starkwirkende Spasmolytika einzusetzen, noch die offizielle Berechtigung, Kranke in eine Klinik einzuweisen.
Die Augenfarbe
Eine primitive Einteilung in Blau, Braun und Gemischt ist ein sehr gutes Denkmodell, auf dem sich systematisch aufbauen lässt. Blau findet sich in reiner Form sehr selten, Braun häufig, den größten Anteil stellen die Gemischtfarbigen. Wer genau differenziert, wie viel Anteil von Blau bzw. wie viel von Braun in der Mischkonstitution enthalten ist, findet den besten Weg zu den Dispositionen und Diathesen. Grundlage ist eine exakte Definition von Blau = Lymphatisch und Braun = Hämatogen nach ihren wichtigsten Krankheitsveranlagungen. In der Irisdiagnose zeigt sich auch ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Schulmedizin und Naturheilkunde. Der Arzt spürt millimetergenau den Ort auf, an dem der Todfeind Krankheit sitzt, um ihn mit allen Mitteln zu bekämpfen, zu erschlagen, totzubestrahlen oder herauszuschneiden. Der Naturheilkundige fragt dagegen:"Wie kann ich dem Kranken helfen, wo sind seine Schwächen, Mängel oder Belastungen, wo hat er Reserven, die mobilisiert werden sollten? Die Augen zeigen nicht eindeutig eine Krebsgeschwulst, eine Trigeminusneuralgie, einen Diabetes oder einen Zoster an. Was aber die Augendiagnose konkurrenzlos erkennen läßt, ist das Panorama der Gesamtmorbidität und der Gefährdungen des Kranken. Keine andere Diagnose erlaubt diesen tiefen und umfassenden Blick in Leib und Seele. Doch dieser Blick verpflichtet zur Verschwiegenheit. Gerade das, was der Patient am liebsten hören will, eine ausführliche Schilderung seiner Insuffizienzen, sollte ihm der Therapeut nicht bieten. Er kann ihm sagen, worauf er in seiner Lebensweise zu achten hat, aber er sollte nicht versuchen, ihm zu erklären, dass er eine neurogene Disposition mit hydrogenoider Diathese bei allgemein gastrischer Konstituton hat. Das Wissen des Behandlers muß in sein Rezept einfließen und in ein Gespräch, das dem Kranken großes Interesse signalisiert, von Hochstapelei und Medizinerlatein sollte er die Finger lassen. - Ich stütze mich bei den kommenden knappen Zusammenfassungen hauptsächlich auf die Bücher "Information aus Struktur und Farbe" von Karl / Hauser / Stolz und "Konstitution" von Broy. Die vier Autoren sind mir von ihren Fachfortbildungen persönlich bekannt.
Die Iriskonstitutionen
Die Naturheilkunde weiß, dass jeder Mensch eine unverwechselbare Individualität darstellt. Sein Charakter, seine Erbanlagen, selbst sein Fingerabdruck finden sich kein zweites Mal unter den rund sechs Milliarden Erdenbürgern. Dennoch kann man die gesamte Menschheit in bestimmte Gruppen nach Hautfarbe, Nationalität, Sprache, Erscheinungsbild, Körpergröße und Bildungsstand zusammenfassen. Jedes Bemühen um Menschen- und Krankheitskenntnis braucht sehr spezifische Systeme der Unterscheidung, bevor sie den Menschen beurteilen oder therapieren kann. Die Pathophysiognomik geht vom Erscheinungsbild des Kranken aus und teilt ihn nach der Huterschen Naturell-Lehre in Ernährungs-, Bewegungs- und Empfindungstyp ein, die zwar im Leben selten in reiner Form vorkommen, aber in den verschiedenartigsten Mischungen eine sehr gute Klassifizierung erlauben. Für den Kenner der Irisdiagnostik bietet seine hohe Kunst die beste konstitutionelle Erkenntnismöglichkeit von Krankheitsdispositionen und gefährdeten Organen. Eine grobe Einteilung lässt sich aus den Augenfarben ablesen. Das graublaue Auge zeigt den lymphatischen, das braune den hämatogenen Typ. Sind in den Auge beide Anteile vertreten, spricht man von einer Mischkonstitution. Vor allem der Lymphatiker und die Mischkonstitution zeigen eine sehr große Bandbreite und lassen sich in eine Reihe von Dispositionen und Diathesen unterteilen. Jedes Organ im Verbund seines Systems hat in den beiden Iriden entsprechend den anatomischen Verhältnissen seinen Platz, jede Abweichung von der physiologischen Norm verursacht im Auge bestimmte Zeichen, Abdunklungen, Aufhellungen, Lakunen, Reizfasern u.ä. - Bereits die exakte Definition der Konstitution in ihren verschiedenen Spielarten ist für den Praktiker ein wichtiger Hinweis auf Krankheitstendenzen, Reaktionsfähigkeit auf Umwelteinflüsse und selbstverschuldete oder vererbte Verschlackungen.
Die Amtsarztprüfung
Die Hauptaussage des Heilpraktikergesetzes ist in dem lapidaren Satz zusammengefasst: "Der Heilpraktiker darf nicht zum Schaden der Volksgesundheit werden." In der Praxis sieht die Durchsetzung dieser Minimalforderung so aus, dass wir Angehörigen dieses Berufes unsere gesetzlich vorgegebenen Grenzen kennen und uns gründliche Kenntnisse der medizinischen Wissenschaften aneignen müssen. Kontrollorgan für diesen Nachweis ist nach der Fachschul-Diplomierung das Gesundheitsamt des gegenwärtigen Wohnortes des Anwärters. Für die Form dieses Examens legt das Gesetz einen bestimmten Rahmen fest. Die Prüfungskommission besteht aus dem Amtsarzt, evtl. einem zweiten Arzt, dem Protokollführer und den Beisitzern, zwei Heilpraktikern, die nicht aus dem künftigen Praxisort des Kandidaten stammen dürfen. - Die Amtsärzte der Kleinstädte sind ziemlich autonom, die Aufsichtsbehörde ist in weiter Ferne und auch nicht brennend daran interessiert, ihren Gesundheitsämtern bei der Durchführung der Prüfungen streng auf die Finger zu schauen. Das zuständige Amt meiner Heimatstadt wurde längere Zeit von Hp.-Anwärtern förmlich überlaufen, weil es in dem Ruf stand, 98 % der Kandidaten auf äußerst tolerante Weise durchrutschen zu lassen. Der Amtsarzt hat beträchtlichen Freiraum, die etwa einstündige schriftliche und einstündige mündliche Prüfung nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Heilpraktikerfeindliche Amtsärzte sind erfahrungsgemäß äußerst pedantisch, heilpraktikerfreundliche entgegenkommend und verständnisvoll. Die Gleichgültigen prüfen großzügig mit leicht zynischem Unterton nach der Devise: Je unwissender die Heilpraktiker sind, desto eher rotten sie sich selber aus. Die Amtsärzte bedienen sich auch der beiden Heilpraktiker, die als Beisitzer fungieren, auf eigenwillige Weise. Sie können ihnen das Recht einräumen, die Kandidaten in den naturheilkundlichen Fächern, die in den Berufsfachschulen gelehrt werden, ausführlich zu examinieren. Es kann aber auch sein, dass sie trotz Widerspruch die Beisitzer als Statisten betrachten und tatsächlich nur dabeisitzen lassen. Wohlwollen und Entgegenkommen mancher Amtsärzte bedeuten keine respektvolle Aufwertung des Heilpraktikerberufes, sondern begünstigen ausgerechnet die von unserem Berufsverband strikt abgelehnten Fernkurse und Schnellausbildungen. Deren Teilnehmer werden zwar von ihren "Lehrinstituten" für die allgemeinen Bedürfnisse der staatlichen Überprüfung gedrillt, doch die eigentlichen Naturheilfächer können im Eiltempo nur gestreift werden. Man interessiert die Schüler deshalb für leicht erlernbare elektronische Diagnose- und Therapieformen und erspart ihnen die Aneignung eines umfangreichen naturheilkundlichen Arzneimittelschatzes durch das Hochjubeln stark reduzierter Heilmittelsysteme wie der Bachblüten, Primitivstformen der Homöopathie oder der Schüsslersalze. Die neuen Kollegen, die aus diesen Instituten hervorgehen, sind in der Praxis dann vor allem bestrebt, einen Anhängerstamm um sich zu scharen, den sie als Weisheitslehrer mit einer Mischung aus exotischer, pseudopsychologischer und hausgemachter Philosophie betreuen. Diese Ignoranz, gepaart mit therapeutischer Sektiererei, wird vermutlich für die Zukunft des Heilpraktikerstandes verhängnisvoller sein als die Abneigung der Ärzteverbände gegen den unakademischen Konkurrenten.
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